Erde. Erdung. Erdäpfel. Herzensbildung in der Solawi

An diesem Wochenende müssen die Kartoffeln raus. Viel zu früh eigentlich im Jahr. Doch die Braunfäule macht sie zunichte, wenn sie jetzt nicht geerntet werden. Der Aufruf an die Mitbauern der Solawi (= ein Projekt der „solidarischen Landwirtschaft“) kommt kurzfristig. Aber so ist das in der Landwirtschaft. Und es kommen trotz der kurzen Frist viele. Genug, dass wir es am Ende wirklich schaffen, die Kartoffeln alle herauszuernten. Der Ertrag für alle Mitbauern über den ganzen Winter. Doch der Reihe nach.

Kartoffelernte erdet

Wir sind noch ganz neu in der Solawi. Bei einem solchen Ernteeinsatz lernt man Mitbauern und Mitbäuerinnen kennen. Und auch die Gemüsebauern und Betreiber*in der Solawi, Michl und Sophie, mal von der professionellen Seite – beziehungsweise: in ihrem Element. Auf ihrem Acker. Mit ihrem Wissen, mit ihrer Erfahrung. Das letzte Mal war ich bei einer Kartoffelernte vor über 40 Jahren. Als Kind auf dem Feld meiner Tante. Das war im Gäuboden. Mit Vollernter schon. Die aufgebrochene Erde zu riechen, ist ein De-ja-vù. Eine wahre Er-inner-ung. Ich finde es wunderbar, das hier und heute wieder zu erleben. Ich empfinde Erdung. Ich ziehe meine Schuhe aus: Ist das nicht „heiliger Boden“ hier?  Haut an Haut mit „Mutter Erde“, die diese wunderbaren Feldfrüchte wachsen lässt.

Heiliger Boden

Meine Partnerin Nicki ist dabei. Unser Freund, ebenfalls Mitbauer. Und mein Sohn Samuel. Das haben wir so auch noch nicht erlebt: gemeinsam bei der Kartoffelernte. Kartoffeln, die wir Woche für Woche den Herbst und Winter über in unserer Gemüsekiste haben werden. Und verkochen werden. Als Rosmarin-Kartoffeln, selbstgemachte Pommes am Blech und Sterz. Und vieles andere mehr. Nicki und ich lieben Kartoffeln! Diese „Äpfel der Erde“. Erdäpfel sind wie Brot. Lebensmittel im wahrsten Sinne. Sie haben etwas Archaisches.

Einfach weiter machen

Während der Arbeit in großer Hitze und mit ordentlich Betrieb am Acker, bricht etwas am Ernter, der am Bulldog hängt. Michl ruft hinüber: „Richt das Schweißgerät her!“ Als er später wieder kommt, höre ich was von „irreparabel“. Machen wir halt einseitig weiter, denkt sich der Michl. Er „pflügt“ (zumindest würde ich das so nennen) weiter und muss halt jetzt öfter auf und ab. Einer, der hinterhergeht und von der Materie hier offenbar deutlich mehr Ahnung hat als ich und sich mehr Output erwartet, meint: „Das ist ein Witz!“ Ich freu mich einfach weiter über jede Kartoffel, die hier aus der Erde hervorkommt und sammle sie in meinen Korb. Dieses buchstäbliche Hand-Werk hier, das in die Erde fassen, das Gehen auf dem Acker, die Menschen um mich herum, der schlichte alte Bulldog und die ehrliche Freude um mich herum, all das ist einfach wunderbar.

EM statt Mayer-Bonsanto

Nebenan sieht es so aus, als würde einer fast demonstrativ Mayer-Bonsanto ausbringen. Gefühlte 20 Reihen links und 20 Reihen rechts gleichzeitig. Ein Mann, eine Maschine, ein riesen Acker. Doch Michl erklärt mir nachher, dass sein Nachbar Mikroorganismen (EM) ausbringt und selbst überlegt, auf Biolandwirtschaft umzustellen… Die so genannte konventionelle Landwirtschaft samt Massentierhaltung war wohl einer der größten Irrtümer der Menschheitsgeschichte. Der Preis für die Produkte samt Fleisch wurde billig. Aber der Preis für alle Beteiligten hoch: Vom Boden über die Tiere bis zum Produzenten bis zum Kunden. Aus vormalig „Lebensmitteln“ wurden vergiftete Nahrungsprodukte und ein Finanzstrudel für den Landwirt. Immer effizienter, immer größer – immer mehr: Schulden. Vielleicht schüttelt der Nachbar den Kopf über soviel Manpower für verhältnismäßig so wenig Ertrag. Über solche Ineffizienz. Vielleicht aber freuen ihn auch die vielen Menschen auf unserem Acker…

Pure Kartoffel-Ernter-Lebensfreude am Acker – trotz ordentlich Hitze!

Herzkartoffelernte

Immer wieder tauchen Kartoffel wie Phantasiewesen aus der Erde auf. Und es sind so viele herzförmige dabei. Im Handel bekommt man die Einheitsform. Kartoffel in der Norm. Wer das hier sieht, merkt erst, was da an Vielfalt nicht nur der Sorten sondern auch der Formen verloren gegangen ist. Die Herzkartoffeln bzw. Kartoffelherzen sind wie ein Spiegel dieser Szenerie: Hier haben Menschen ihr Herzensprojekt umgesetzt: Auf eigenem Land in einem Projekt solidarischer Landwirtschaft Gemüse anbauen und mit anderen zusammen direkt vermarkten. Und diese Berührung im Herzen ergreift auch die Mitbauern. Und selbst die Erde bringt bei soviel Herz Kartoffel in Herzform hervor. Das ist Herzensbildung in Form von Landwirtschaft.

Herzensbildung. In der Solawi und im Leben überhaupt

Auf dem Acker Solawi Ferni wachsen Herzkartoffeln!

Und ‚Herzensbildung‘ ist unsere Berufung. Vor sechs Jahren haben wir unserem Unternehmen den Namen „cordat herzensbildung“ gegeben. Wir gehen mit unseren Kurs- und Seminarteilnehmer*innen auf Tuchfühlung mit dem eigenen Herzen: Was macht mir wirklich Freude? Was erfüllt mich im Leben? Was gibt mir Sinn? Wie kann ich ein Leben leben, das ich am Ende nicht bedauern werde, weil ich zu viele Herzensanliegen nicht gelebt habe? Unsere Weiterbildung „Der springende Punkt“ macht den Menschen Mut (‚Courage‘), sein Leben auf das auszurichten „was das Herz betrifft“ (‚Cour:age‘). Auf dass das eigene Lebensfeuer wieder entfacht wird. Damit es brennt. Und um es zu hüten. „mind your heart!“ steht auf unserem VW-Bus und so heißt auch dieser Blog: Achte, „hüte“ dein Herz! Wir könnten auch sagen: Hüte dein (Lebens-) Feuer, dein inneres Kartoffel-Feuer!

Im Herbst und Winter gibt es zwei Möglichkeiten, bei der Weiterbildung „Der springende Punkt“ dabei zu sein: Ab 9. Oktober live in unserem „raum für herzensbildung“ am Sankt-Georgen-Platz 6 in der Regensburger Altstadt. Und ab 5. November live-online von überall auf der Welt.

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