Stille Nacht?

Es ist laut. Allüberall. Ich meine damit nicht die Christkindlmärkte. Es gibt gerade viel Drama. In der Medienlandschaft sowieso, aber auch in der Gesellschaft. Nach dem Infektionsbeben, dem Kriegs- und Inflationsbeben jetzt noch ein weiteres: das Parteienbeben. Die einen agitieren gegen die Ampel und sehen einen grünen Faschismus dämmern, die anderen wähnen den Untergang der Demokratie im Aufstieg der AfD.

Alle Bilder dieses Beitrags: Christian Heitzer-Balej

Mia san oans

Der bayerische Liedermacher Werner Schmidbauer hat unlängst ein neues Album veröffentlicht. Auf einer Weihnachtsgala in Regensburg erklärte er dazu: Was ihn sorge, sei eine massiv sich ausbreitende Spaltung im Land. Das Schwarz-Weiß-Schema greife um sich. Jeder begreife nur noch sich selbst im Recht und den, der anders denkt, im Unrecht. Das Tolerieren einer Vielfalt von Meinungen komme abhanden. Dagegen singe er an. Denn wir seien schließlich auf diesem Planeten alle in einem Boot. Ein Gegeneinander können wir uns nicht leisten. Rettung lauert allein im Miteinander und der Erkenntnis, dass wir alle ein Ganzes sind: „Mia san oans“ heißt deshalb nicht nur ein Lied sondern das ganze Album.

Mia san oans / Und jeder hot sei eigne Gschicht / Lasst’s uns ertrogn, wos da andere moant, / weil sonst irgendwann ois zerbricht / Mia san oans / Wenn ma des net a endlich zoagn, / bleim nur no Tränen und Scherb’n

Wia wern ma des de Kinder erklärn / Mia san oans, no is net ois verlorn / Wos grod passiert, is koa Spaß  / Und de Lösung hoaßt bestimmt net Hass

Mia san oans, oa Lebm oder koans, / Lasst’s uns unsere Händ’ und Herzen rührn, / weil Menschen san ma nur, weil ma liabn

Werner Schmidbauer

Sehnsucht

Dass wir auch in dieser Weihnachtszeit keine „stille Nacht“ erleben werden, ist keine Überraschung. Dennoch ist die Wahrnehmung einer Verfestigung des Dramas und einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft eine besondere Qualität dieser Zeit. Aber sehnen sich denn nicht letztlich alle Menschen nach Ruhe, nach Frieden, nach Glück für alle Menschen und Wesen und den ganzen Planeten?

Flucht und Herbergssuche

All die biblisch-weihnachtlichen Themen sind aktueller denn je. Wie viele Menschen sind auf der Flucht vor lebensbedrohlichen Umständen und auf der Suche nach einer neuen Heimat oder zumindest einer vorübergehenden Bleibe, bis sie wieder zurück in ihre eigentliche Heimat können. Sogar wir, meine Frau Nicole Katharina und ich, sind aktuell auf der Suche nach einem neuen Ort, weil uns der bisherige nicht mehr trägt beziehungsweise, weil er uns bald nicht mehr zur Verfügung steht. Wer weiß, was Wohnungssuche und Umzug selbst unter so komfortablen und sicheren Umständen wie in Deutschland bedeutet, wie alles an Hab und Gut auch im Kopf und im Herzen in Bewegung kommt, welch große Unsicherheit da aufkommen kann, kann dennoch kaum erahnen, was es bedeuten muss, wenn man aus Hunger, Verfolgung, Terror oder Krieg in einen anderen Winkel dieses Planeten aufbricht.

Die Einladung

Die Einladung Weihnachtens ist die Einladung zum Staunen und Innehalten. Unser Leben selbst ist das größte Abenteuer unseres Lebens. Weihnachten ist, wenigstens für einen Moment wieder ankommen (Advent) in deinem Leben. Und in dem Geheimnis, dass wir nicht nur jeder für sich selbst ein Ganzes sind, sondern wir alle zusammen: „Mia san oans.“ Wir können die Herausforderungen in unserem Leben, in unserem Land, in der Welt und die dieses heiligen Planeten Erde nur zusammen meistern. Allein schon indem wir uns bewusst werden, dass wir viel mehr verbunden sind als getrennt. Auch wenn wir unterschiedlicher Ansicht sind: Die Erfahrung zeigt doch, dass es immer viele Wahrnehmungen gibt, nicht nur meine. Und damit mehr Wahrheiten als meine eigene Wahrheit.

Ja, reden, genau das soll die Stille tun. Sie soll reden, und du sollst mit ihr reden und das Potenzial nutzen, das darin liegt. (Erling Kagge) Vielleicht deshalb, weil die Stille mit dem Staunen einhergeht, aber sie trägt auch eine Art Macht in sich, ja, wie ein Meer oder eine endlose Schneelandschaft. Und derjenige, der nicht über diese Macht staunt, fürchtet sich vor ihr. Und das ist wohl der Grund, warum so viele vor der Stille Angst haben. (Jon Fosse)

Aus einer Email-Kommunikation des norwegischen Abenteurers Erling Kagge mit seinem befreundeten norwegischen Schriftsteller und Dramatiker und neuerdings Literaturnobelpreisträger Jon Fosse; gefunden in: Erling Kagge, Stille. Ein Wegweiser, Inselverlag 2019, S. 20f)

Und die Stille?

Der norwegische Abenteurer Erling Kagge hat ein wundervolles Buch über die Stille geschrieben. Die Stille, die er auf seiner Expedition im ewigen Eis und Weiß der Antarktis gefunden hat. Und mit ihm glaube auch ich, dass die Stille eines der größten Abenteuer unserer Zeit ist. Der unentdeckte Kontinent. Jenseits von News, Netflix, Playstation, TikTok, Instagram & Co sich einfach mal in die Stille setzen. Vielleicht ist es ein sich Aussetzen, weil derart ungewohnt. Auf den einen oder die andere kann sie geradezu bedrohlich wirken. Und sie ist doch das Tor in die größere Wahrheit. Sie gibt uns Raum, uns zu spüren und die anderen mit. Sie öffnet der Stimme des Herzens die Tür.

Der Stall und die Yurte

Wir feiern unser drittes und letztes Weihnachten in der Yurte. Aufgrund ihrer Holzkonstruktion und mit ihrer schlichten Ästhetik ist mir ein Sinnbild jenes Betlehems geworden, des Stalles mit der Krippe. Doch werden wir hin nicht bleiben. Wir haben hier nur gerastet. Gestaunt und geträumt. 

An einem stillen Tag

Weihnachten ist auch der beständige Traum vom Frieden. Und tatsächlich kann am Ende alles noch gut werden, wenn wir wirklich „gemeinsame Sache“ machen und unsere vielfältigen Wahrnehmungen und Wahrheiten zusammenlegen und das Konstruktive, das Weiterführende, das Aufbauende und Lebensfördernde rausfiltern und beherzigen. Vielleicht bricht unsere Erde dann eines Tages aus der lauten Nacht in einen stillen Tag auf. 

Wir haben als erfahrene Achtsamkeitstrainer*in, MBSR-Lehrer*in, Yoga-Lehrerin und Pädagogen mit unserem Format TOOLBOX ACHTSAMKEIT die Qualitäten in eine Weiterbildung fließen lassen, von denen wir in unserem eigenen Leben die Erfahrung gemacht haben, dass sie uns im Leben wirklich weiterbringen: Achtsamkeit, Meditation, Stille; Resilienz; Herzensbildung; Empathie mit Selbstmitgefühl; achtsame Kommunikation.

Im Rahmen dieser Weiterbildung kann man Achtsamkeit mit und für sich selbst erleben und einüben und Achtsamkeit für die anderen: unsere Partner*in, Kinder, Eltern, unsere Kolleg*innen, Mitarbeiter*innen, Kund*innen, Klient*innen, Schüler*innen. Sechs Module, jeweils samstags und sonntags in drei Monaten. Start ist mit Modul 1 am 10. und 11. Februar 2024. Bis 24. Dezember gibt es einen Frühbucherrabatt. Interessiert? Alle Infos und Buchung unter www.cordat.org oder direkt über diesen Link. Wir freuen uns von Herzen auf diese gemeinsame Reise!

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