„Lauter coole Brezen“. Über das Verhältnis von Führungskräften zu Auszeiten und Achtsamkeit

Kürzlich waren wir wieder mit Führungkräften zu einer „(R)Auszeit“ im Bayerischen Wald. In der Feedback-Runde zum Schluss der drei Tage meinte ein Teilnehmer: „Als ich mich angemeldet hatte, hab ich mir gedacht, ich werde hier lauter ‚fertige‘ Leute treffen. Ich bin überrascht, denn jetzt kann ich sagen: Es waren lauter ‚coole Brezen‘ hier!“

Eine (R)Auszeit gibt uns Gelegenheit, mal wieder ins Offene zu schauen, den Horizont zu weiten. – Alle Fotos: privat

Ein Zeichen von Schwäche?

Wir hören von Personalentwickler*innen immer wieder, dass viele Führungskräfte Angebote wie diese Auszeit vor allem deshalb nicht annehmen, weil sie es als Zeichen der Schwäche interpretieren. Nach dem Motto: Nur wer ‚fertig‘ ist, also ganz ‚am Sand‘ oder gar Burn-out-gefährdet geht zu einer Auszeit oder bucht ein Achtsamkeitstraining. Ich bin aber nicht schwach und möchte auch nicht so wirken. Deshalb geh ich da mal lieber nicht hin.

Ein Zeichen von Stärke!

Könnte es nicht umgekehrt sein? In etwa so: Führungsqualität, wirkliche Stärke und vielleicht sogar vorbildliches Verhalten zeigt, wer rechtzeitig auch einmal etwas für sich tut. Wer um die begrenzten körperlichen und mentalen Kräfte weiß und rechtzeitig gegensteuert.

Einmal seine Geschwindigkeit auf Schneckentempo zu reduzieren, muss nicht bedeuten, dass man nicht vorankommt. Ganz im Gegenteil können sich ganz neue Perspektiven auftun.

Derselbe oben genannte Teilnehmer hat in diesen drei Tagen eine bemerkenswerte Entwicklung genommen. Ich möchte sie in drei Schritten skizzieren.

Die Führungskraft und ihre Uhr

Am zweiten Tag unserer (R)Auszeit sind wir zu einer Tageswanderung im Bayerwald. Das Tempo und die Streckenlänge sind so gewählt, dass jede*r mitkommt, gleich welche Kondition und Konstitution er/sie mitbringt. Immerhin erklimmen wir an diesem Tag drei Gipfel, auch wenn diese allesamt die 1.000-Meter-Marke nicht reißen. Als wir vom ersten Gipfel herunterkommen und auf einem schmalen Pfad unterwegs sind, den die jungen Buchen fast komplett eingenommen haben – ich rede hier gern von „Bayerisch-Kambodscha“ in Analogie zum nahe gelegenen „Bayerisch-Kanada“ – sieht Nicki, die vorausgeht, auf dem Waldboden eine Uhr liegen. Eher scherzhaft (sie ist ja die erste und wir sind hier noch nicht vorbeigekommen) fragt sie, ob jemand eine Uhr vermisst. Tatsächlich meldet sich der besagte Teilnehmer: „Ja, lass sehen, ich war hier heute früh mitm Mountain-Bike unterwegs und hab dabei wirklich meine Uhr verloren…“ Tatsächlich ist es seine Uhr und er erklärt uns etwas Verdutzten: „Ich hab mein Mountain-Bike immer dabei und hab damit heute früh schon eine Tour gemacht. – Nicki und ich halten für uns augenzwinkernd fest: Kaum ist der Chef auf einer Auszeit, verliert er auch schon die Uhr. Also die Zeit.

Mit Führungskräften unterwegs im Buchen-Dschungel.

Sind Achtsamkeitstrainer / Coaches vertrauenswürdige Referenten?

Mittags sind wir auf einer Alm zum Essen. Er setzt sich zu uns an den Tisch. Nachdem wir gut gegessen haben und zeitlich keinen Stress haben, fragt er uns: „Begleitet ihr eigentlich auch Teams?“ Ja, sehr gerne begleiten wir Teams in Unternehmen und Einrichtungen. Wir haben da Erfahrung und Referenzen. – Unser Teilnehmer ist Leiter einer großen sozialen Einrichtung und hat ein Führungsteam von fünf Leuten. Dazu muss man wissen: Er war der erste, der zu diesem Seminar eingetroffen war. Lange vor allen anderen. Dabei war Gelegenheit, mit ihm schon ins Gespräch zu kommen. Und da hat er keinen Hehl daraus gemacht, dass er bei uns schon auf der Homepage gestöbert hat und mit einer großen Portion Skepsis hierhergekommen ist: Achtsamkeit, Herzensbildung, Meditation, Yoga, Coaching – alles so gar nicht seine Welt…

Die Führungskraft und sein Handy

Und dann war da noch sein Abschied. Nach dem Mittagessen ist er einer der ersten, der aufsteht und sagt: „Ich hab beschlossen, dass es mir ab jetzt wieder pressiert.“ Und er meint es wirklich ernst. Verabschiedet sich hastig von allen und geht im Laufschritt mit seinem Gepäck in Richtung des etwa hundert Meter entfernt liegenden Parkplatz. Wenige Minuten später taucht er wieder auf. „Hast du was vergessen?“, fragen wir ihn. „Ich finde mein Handy nicht“, ist seine Antwort. – Nach der Uhr / Zeit, die er verloren und wiedergefunden hat, hat er entgegen seiner Skepsis Vertrauen gefunden zu uns und unserer Arbeit. Jetzt also noch das Handy. Ja, das Handy / die Erreichbarkeit darf ähnlich wie die Uhr / Zeit schon mal verloren gehen. Wir dürfen die Zeit, die Skepsis und Erreichbarkeit auch mal loslassen. Auszeit eben. Sich zumindest vorübergehend mal von all dem befreien, was an uns zerrt und uns auszehren kann.

Seminarraum mitten im Grünen auf der wundervollen GutsAlm Harlachberg.

Zum Wohle aller

Meditation und Yoga hat er noch nie gemacht. Und überhaupt ist er sehr positiv überrascht über das, was er hier im Rahmen dieser Auszeit erlebt hat. So sein Resümee beim Feedback. – Unser Teilnehmer ist uns wie alle anderen auch wieder sehr ans Herz gewachsen. Immer wieder sind die Auswirkungen solcher Stunden und Tage so unmittelbar spürbar. Eine Auszeit oder ein Achtsamkeitstraining, eine Begleitung bzw. ein Coaching für ein Führungsteam sind immer zum Nutzen aller: der einzelnen Teilnehmer*innen; für das Miteinander und schon dadurch für den Erfolg des Unternehmens bwz. der Einrichtung; für die Kund*innen und Klient*innen und deren Umfeld; und natürlich auch für uns, für Nicki und mich: Weil wir lieben, was wir tun.

Wundervolle Einblicke und Ausblicke im Bayerischen Wald. Hier der Blick vom ersten Gipfel auf den Höhenzug vom Kaitersberg bis zum Arber.

In diesem Sommer bieten wir von cordat herzensbildung eine wundervolle Auszeit auf der griechischen Insel Lesbos an. Dieses Retreat ist ein offenes Angebot, zu dem sich jede*r anmelden kann und für das es keinerlei Vorerfahrung oder besondere Kenntnisse braucht. Alle Infos dazu unter www.cordat.org.

Wir gestalten auch gerne für dein/Ihr Unternehmen bzw. deine/Ihre Einrichtung eine Auszeit oder kommen zu euch zu einem Workshop, für eine Begleitung oder ein Training. Nimm einfach mit einer Mail Kontakt auf zu uns unter herz@cordat.org. Wir freuen uns von Herzen auf eine Begegnung!

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