„Lavendel“ war kürzlich bei einem unserer Kurse das Wort des Abends. Ein Wort wie eine Sehnsucht. Ein Tor. Ein magischer Zauber.
Attacke Selbstzweifel
Was hilft uns, wenn uns wieder einmal der Selbstzweifel überkommt? Manchmal kommt der ganz plötzlich. Unvorbereitet. Gerade noch waren wir im Flow, haben ein Projekt, ein Konzept erarbeitet, sind kurz vor der Fertigstellung – und dann kommt’s: Vielleicht ist es doch nicht so gut, wie ich dachte? Vielleicht hätte ich es doch anders machen sollen? Vielleicht hat mein Chef, haben meine Kunden es sich ganz anders vorgestellt? Was wenn alles für die Katz ist? Solche und ähnliche Fragen können uns abrupt aus der Bahn werfen. Wie komme ich zurück in meine Sicherheit? In eine Freundlichkeit? Ein: Es ist gut. Es ist genug. Es ist gut genug?
„Ich liebe Lavendel!“
„Ich liebe Lavendel!“, meinte da eine Teilnehmerin. Ich weiß gar nicht, ob ich sie richtig verstanden habe. Vielleicht war es ihre Antwort auf die oben genannte Frage: Was hilft mir, wenn der Selbstzweifel kommt: die Erinnerung an Lavendel. Sie hat weitergeredet und es war einfach schön, was sie gesagt hat. Ich weiß nicht, ob sie das gemeint hat, was in mir gearbeitet hat. Aber ich hatte plötzlich so ein konkretes Bild vor mir: Lavendel. Diese glasklare, kräftige Farbe. Dieser unnachahmliche Geruch. Ein ganzes Lavendelfeld vor meinen Augen. Und ja: Auch wenn auf diesem Feld das ein oder andere „Unkraut“ wächst. Den Lavendel ficht das nicht an. Seine Farbe bleibt klar und deutlich. Und auch der Geruch. Was kümmert ihn das Unkraut?

Lass das Unkraut stehen!
Vielleicht könnten wir genau so an unsere Zweifel herangehen. Das Unkraut. Lass es stehen! Was zählt, ist der Lavendel. Seine mächtige Farbe und sein ebenso mächtiger, wohltuender, befreiender Geruch. Lass deine Augen, lass all deine Sinne nicht (be-)trüben durch ein Unkraut des Zweifels. Bleib bei deinen Blüten. Be-sinne dich auf deine Qualitäten! Lass das Unkraut stehen, aber kümmere dich nicht weiter darum. Alles da sein lassen. Die wundervollen Blüten und das Unkraut. Und wissen: Die Farbe der Blüten, der Geruch des Lavendel sind stärker. Du darfst das Unkraut stehen lassen und musst dich nicht darum scheren. Das ist Selbstfreundlichkeit.
Was Liebe ist
Vielleicht habe ich in diesem Moment erstmals wirklich verstanden, was ich bei spirituellen Lehrern immer wieder gelesen habe und immer schon wundervoll fand. Aber ich hatte es nie wirklich verstanden: Die Schönheit einer Blume zu sehen, ihren Duft zu riechen braucht Aufmerksamkeit, Wachheit, Bewusstheit. Und diese entsteht aus einem Moment innerer Stille. Stille Aufmerksamkeit schafft Kontakt. Verbindung. Anziehung. Beziehung. Wachheit, Bewusstheit, mit einem alten Wort: Gewahrsein verbindet uns, mit dem was ist. Und das ist: Liebe. Mit den Blüten, mit der Farbe der Blüten, mit diesem wunderbaren Geruch in Kontakt gehen, Verbindung aufnehmen, in einer präsenten, wachen Haltung – das ist Liebe. Dabei geht es nicht (nur) um eine Liebe zwischen mir und der Blume. Es ist ein Eintauchen in etwas, das uns umgibt wie die Luft. Es ist die Liebe zu ALLEM, was ist. Auch die Liebe zu dir selbst. Es ist das, was wir universelle Liebe nennen können oder das Prinzip Liebe. Oder mit Eckhart Tolle:
Wenn du einen Baum anschaust und seine Stille wahrnimmst, wirst du selber still. Du verbindest dich auf einer sehr tiefen Ebene mit ihm. Du fühlst dich eins mit dem, was du in der Stille und durch die Stille wahrnimmst. Dieses Gefühl des Einsseins mit allen Dingen ist wahre Liebe.
Aus: Eckhart Tolle, Stille spricht. Wahres Sein berühren, München 2003, S. 13)